Fremdbestimmung und Stillstand im Mama-Alltag

Fremdbestimmung fängt früh an: Mama hält weinendes Neugeborenes auf ihrem Arm und lässt es an ihrem Zeigefinger saugen.

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Die vergangenen Wochen fühlten sich an wie erzwungener Stillstand – fremdbestimmt durch Krankheitswellen, schulfreie Tage und all die zusätzlichen Vorbereitungen rund um Advent und Weihnachten. Dann heißt es als Mama: Funktionieren und irgendwie den Alltag bewältigen. Oft hatte ich dabei das Gefühl: „Alles steht still.“

Gleichzeitig wuchs die Überforderung. Denn, während mein Alltag gefühlt auf Pause drückt, arbeitet nur eines unermüdlich weiter: meine To-do-Liste.

Frau bereit zum Schreiben auf leerer To-Do-Liste. Der Mama-Alltag erfodert viel Organisation und Improvisation.
Kelly Sikkema auf Unsplash

Fremdbestimmung in der Schwangerschaft

Fremdbestimmung – und der damit verbundene Stillstand – beginnen heimlich, still und leise. Schon in der Schwangerschaft. Nach dem positiven Test hatte ich plötzlich das Gefühl, langsam die Kontrolle über meinen eigenen Körper zu verlieren. Ich litt unter Schüttelfrost, starken Rückenschmerzen und Schwindel. Der Geruch von Kaffee oder Alkohol löste spontan Übelkeit aus. Das allein bremste mich schon aus. Treffen mit Freunden oder Partys waren erstmal gestrichen.

Ich stieß schneller als gedacht an körperliche Grenzen und konnte nicht mehr so spontan sein, wie ich wollte. Je näher der Geburtstermin rückte, desto unbeweglicher wurde ich. Es fühlte sich an, als würde ich mich in Zeitlupe durch meinen Alltag bewegen.

Mit großer Kugel, Übungswehen und permanentem Harndrang blieb irgendwann nur noch der Rückzug: weniger Termine, weniger Außenwelt. Das Leben lief weiter – nur ich nicht.

Der unsichtbare Stillstand mit Clusterstillen, Schreibaby & Wachstumsschüben

Mit der Geburt erreicht das fremdbestimmte Leben als Mama erstmal seinen Höhepunkt. Zwar soll man sich gerade im frühen Wochenbett schonen – doch entspannen? Fehlanzeige.

Auf den ersten Blick wirkt die Versorgung eines Neugeborenen überschaubar: stillen, wickeln, kuscheln. In Realität füllte das allein meinen kompletten Tag. Oft hatte ich nicht einmal Zeit zum Duschen, Essen oder Trinken.

Als dann die Milchproduktion nicht sofort rund lief, verbrachte ich zusätzlich unzählige Stunden mit dem Stillen. Phase für Phase, Mahlzeit für Mahlzeit. Meine beiden Töchter tranken sehr langsam – bis zu einer Stunde pro Stillmahlzeit, und das bis zu zwölfmal am Tag. Das ergibt rein rechnerisch einen halben Tag Stillen. Jeden einzelnen Tag.

Meine Erstgeborene war außerdem ein Schreibaby. Ich traute mich kaum noch aus dem Haus, aus Angst, sie könnte mitten im Supermarkt an der Kasse losbrüllen. Treffen mit anderen Mamas sagte ich oft ab. Stattdessen verbrachte ich meinen ersten Sommer mit Baby in einer abgedunkelten Wohnung.

Fremdbestimmung fängt früh an: Mama hält weinendes Neugeborenes auf ihrem Arm und lässt es an ihrem Zeigefinger saugen.
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Da sich meine Tochter nur schwer ablegen ließ, war ich viele Stunden damit beschäftigt, sie herumzutragen – körperlich fordernd, mental erschöpfend. Denn viele alltägliche Dinge sind selbst mit Baby im Tragetuch nur noch eingeschränkt möglich.

Trotzdem arbeitete ich in dieser Zeit freiberuflich – oft mit Baby auf dem Arm, an meiner Brust oder mit Schreien aus dem Off.

Emotionale Belastung: Was dauerhafter Stillstand mit Müttern macht

Ich fühlte mich oft allein damit – fast so, als würde der Alltag nur bei mir nicht richtig funktionieren. Erst durch Social Media habe ich gemerkt: Viele Mamas erleben genau denselben Stillstand. Nur spricht kaum jemand offen darüber.

Denn egal, ob Entwicklungsschub, Zahnen oder der nächste Infekt: Der Alltag wird immer wieder abrupt angehalten. Und je weniger man schafft, desto schwerer wird es. Die Frustration wächst proportional zu den To-Do’s. Je länger die Liste der unerledigten Aufgaben wird, desto kürzer wird meine Geduld – und der Stillstand spürbar. Alles andere im Alltag – Haushalt, Besorgungen, berufliche Termine oder wichtige bürokratische Aufgaben wie die Steuererklärung – rückt automatisch in den Hintergrund.

Meine Jüngste zum Beispiel brauchte über mehrere Wochen Einschlafbegleitung bis Mitternacht. Ich saß abends stundenlang neben ihr im Bett, bis ich irgendwann dort einfach zu Abend aß – anders hätte ich es zeitlich gar nicht geschafft. Und kaum glaubt man, diese Phase sei endlich vorbei, folgt die nächste. Oder die alte kehrt zurück.

Bis heute fordert Alina manchmal voller Überzeugung: „Mama, im Bett essen!“ – als wäre das eine vollkommen normale Abendroutine.

Improvisation – der neue Normalzustand

Wenn der Stillstand sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlt, hilft es, sich bewusst zu machen: Es ist nur eine Phase.

Das habe ich mir in den letzten Wochen immer wieder vor Augen geführt – als wir erneut von gleich mehreren Krankheitswellen geplagt wurden: Erst Alina, dann Lara, und mittendrin erwischte es mich selbst mit mehreren Infekten aus Kita und Schule. Das Leben schien fast einen Monat lang auf Pause zu stehen.

Als Mama ist Improvisationstalent dabei oft das Einzige, was einen durch den Familienalltag rettet. Also habe ich beschlossen, meine Ansprüche herunterzuschrauben und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren – das, was neben Kinderbetreuung und trotz Krankheit noch möglich war. Alles andere – wichtige Termine, Bürokratie oder berufliche Projekte – musste warten, bis wieder Ruhe einkehrte.

Gerade wenn man denkt, die Phase sei endlich vorbei und man könnte durchstarten, wartet manchmal schon die nächste Hürde. Gestern Abend zum Beispiel wollte ich endlich meinen liegengebliebenen Blogbeitrag nachholen – die Kinder waren ausnahmsweise mal früh im Bett. Doch meine Computermaus war spurlos verschwunden. Der Versuch, spontan die Ersatzmaus zu aktivieren, scheiterte kläglich. Und dann, heute Morgen das Geständnis meiner kleinen Maus: Sie hatte mein verschollenes Helferlein kurzerhand vor dem Einschlafen unter ihrem Kopfkissen versteckt.

Mama sein heißt eben: Ruhe und Humor bewahren – und flexibel bleiben, auch wenn kleine Hindernisse wieder mal alles durcheinanderwirbeln.

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