Care-Arbeit, Mental Load und das Gefühl, nie fertig zu sein

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„Hast du schon die Kundenkarte abgegeben?“, rufe ich meinem Freund hastig zu, während er an der Kasse im Baumarkt seine Kreditkarte zückt. Gleichzeitig beobachte ich unsere Töchter, die in den kleinen Kinderautos vor den vollgepackten Einkaufswägen sitzen. Hoffentlich machen sie keinen Unfug. „Wenn es die Frauen nicht gäbe …“, sagt die Kassiererin – halb im Scherz, halb im Ernst – und grinst mir zu. Ich lächle vielsagend zurück. Denn was wie ein beiläufiger Kommentar klingt, trifft den Nerv unserer Zeit. Und ganz besonders meinen: Care-Arbeit und Mental Load liegen immer noch vor allem bei uns Mamas.

Seit mein Freund in Österreich arbeitet, bin ich werktags allein für unsere beiden Töchter verantwortlich. Doch ehrlich gesagt: Auch vorher war das Denken, Planen, Kümmern schon immer mein Job.

Dabei bin ich eigentlich gar nicht besonders gut im Organisieren. Ich neige dazu, Entscheidungen aufzuschieben – und treffe sie trotzdem. Für alle. Jeden Tag. Oft allein. Ob es um die Einkaufsliste geht, die passende Kinderkleidung oder die Anmeldung für einen Krippenplatz.

Mama bei der Care-Arbeit: zwischen Kinderbetreuung und mentaler Belastung.
karolina grabowska auf pexels

Der Druck, alles im Kopf zu behalten – der sogenannte Mental Load – ist enorm. Auch wenn man ihn nicht sieht, ist er immer da. Diese unsichtbare To-do-Liste beginnt oft schon in der Schwangerschaft – und begleitet uns Mamas ein Leben lang.

Mental Load und die Illusion der Gleichberechtigung

Meine eigenen beruflichen und persönlichen Ziele bleiben dabei oft auf der Strecke. Ich fühle mich in alte Rollenbilder zurückgedrängt – obwohl mein Freund durchaus mitanpackt. Er kauft ein, kocht gelegentlich oder geht mit unseren Kindern raus. Das ist definitiv eine Entlastung!

Trotzdem bleibt die eigentliche Planungsarbeit an mir hängen. Pausen? Fehlanzeige. Denn während er unterwegs ist, putze ich die Wohnung, sortiere Spielzeug und Wäscheberge oder kümmere mich um bürokratische Angelegenheiten.

Damit bin ich nicht allein. In Gesprächen mit anderen Mamas zeigt sich immer wieder dasselbe Bild: Vieles bleibt weiterhin an den Frauen hängen – und das geht oft zulasten ihrer beruflichen Entwicklung.

Zwar engagieren sich viele Väter heute aktiver im Familienalltag. Aber: Hilfe leisten ist nicht dasselbe wie Verantwortung übernehmen. Die permanente geistige To-do-Liste – der sogenannte Mental Load – bleibt in den meisten Familien dennoch bei uns Mamas. Und mit ihr der Großteil der Care-Arbeit.

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2023 übernehmen in Haushalten mit Kindern 74 Prozent der Frauen, aber nur 20 Prozent der Männer das Alltagsmanagement. Diese Zahlen sprechen für sich: Von echter Gleichberechtigung im Familienalltag sind wir noch weit entfernt.

Die Mutterrolle ist von dem Mythos geprägt, dass Frauen für Haushalt und Kinder einfach besser geeignet seien. Und manchmal sieht es tatsächlich so aus – zum Beispiel, wenn mein Freund vergisst, unseren Kindern bei niedrigeren Temperaturen, die Mütze, die Jacke oder manchmal sogar die Strumpfhose anzuziehen. Wer denkt dann wieder mit? Richtig – ich.

Wer entscheidet, plant und denkt an alles?

Care-Arbeit ist so viel mehr als Putzen, Kochen oder Wäschewaschen. Es ist ein ständiges Planen und Organisieren – und das Treffen unzähliger kleiner und großer Entscheidungen. Ob es um die Freizeitgestaltung am Wochenende geht, die kindgerechte Ausstattung fürs Auto, Snacks für unterwegs oder die passende Kleidung für die nächste Saison – all das liegt bei mir.

Wechselwäsche-Liste der Krippe zum Ankreuzen – Beispiel für Mental Load im Familienalltag
foto von alisa

Ich plane sämtliche Feiern, sorge für die Wechselwäsche in der Kita und recherchiere passende Urlaubsziele. Kein Wunder, dass man uns Mamas oft als „Familienmanagerinnen“ bezeichnet.

Diese unsichtbare Planungsarbeit – ein zentraler Teil des Mental Load – wird nur selten als echte Arbeit wahrgenommen. Dabei kostet sie Zeit, Energie und mentale Kapazität. Jeden Tag.

Er macht mit – aber ich mache alles: Die unsichtbare Last von uns Mamas

Ich will mich nicht beklagen. Wenn mein Partner zu Hause ist, übernimmt er viele Aufgaben: Er bringt den Müll raus, saugt regelmäßig und räumt das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine – Routinen, die er ganz selbstverständlich erledigt.

Aber reicht das aus, um von echter Gleichberechtigung zu sprechen? Ich kenne keinen Vater in meinem Umfeld, der sich gar nicht an Haushalt oder Kinderbetreuung beteiligt. Und trotzdem: Das Meiste bleibt an den Frauen hängen – vor allem das, was Organisation, Planung und Verantwortung betrifft. Ein Job, der nicht vergütet wird.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen. In meinem Babymassagekurs waren zwei Mütter, die noch im ersten Lebensjahr ihrer Babys wieder Vollzeit arbeiten gingen – während ihre Partner in Elternzeit die Care-Arbeit übernahmen. Solche Modelle existieren auch. Aber sie sind noch immer die Ausnahme, nicht die Regel.

Männer können Care-Arbeit – wenn man sie lässt

Umgekehrt gilt aber auch: Männern wird in Sachen Hausarbeit und Kinderbetreuung oft weniger zugetraut. Ich erinnere mich, wie meine eigene Mutter mich kaum meinem Vater anvertraut hat – selbst als ich schon älter war.

Vater mit Kind und Kinderwagen vor dem Hof-Tor
foto von alisa

Heute ist das ganz selbstverständlich: Väter mit Babys in der Trage oder im Kinderwagen sieht man überall – im Supermarkt, auf dem Spielplatz oder im Park.

Und auch wir Mamas sind auf einem guten Weg, Aufgaben abzugeben. Das Bügeln überlasse ich zum Beispiel meinem Freund. Er macht es gern und ich habe gelernt mich damit abzufinden, dass danach nicht alles so glatt aussieht, wie wenn ich es selbst gemacht hätte. Natürlich lege ich ihm die Bügelwäsche vorher zurecht. Das ist wiederum Teil des Mental Loads: denken, bevor andere handeln. Aber: Ich habe eine Aufgabe weniger. Und das ist ja schon mal ein Anfang.

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